Meine Mittelmeerreise

Dienstag, 30. November 2010

Prishtina/Kosovo

Mal wieder so eine langweilige Bus-Nachtfahrt von Tirana nach Prishtina. Auf dem Balkan sind die Grenzuebertritte ja stinklangweilig geworden. In der Tuerkei war da wenigstens was geboten. Es dauerte mindestens 2 Stunden bis der ganze Zinnober vorrueber war. Etwa 15 - 30 Minuten fuer die Ein- oder Ausreise in/aus angrenzende Laender, den Rest der Zeit nahm die Tuerkei fuer sich in Anspruch.
Hier muss man nicht mal aussteigen (und kann auch nicht schnell mal eine reinpfeiffen). Aber an der Grenze zwischen Albanien und Kosovo wurde es dann doch nochmal spannend. Alle Fahrgaeste mussten aussteigen (es war ja mitten in der Nacht) und sich mehr oder weniger geordnet in einer Reihe aufstellen. Dann kamen EU-Zollbeamte, erklaerten uns Fahrgaesten die Situation und meinten, "that's the law", also, so ist das Gesetz halt. Dann wurde der Bus mit einem Spuerhund aufs gruendlichste durchsucht. Was die da wohl suchen? Ich dachte, mein Herz bleibt stehen, als ich beobachtete, das dieses Viech auf einmal wie wild auf meinem Sitz herumtollt und mit seinen nassen +dreckigen Pfoten auf dem Sitzkissen scharrte. Dammed, dachte ich, da wird mir doch keiner so ein kleines Paeckle mit so feinem weissem Pulver unter meinen Sitz geschoben haben??? Ich versuchte, mir meine Aufregung nicht anmerken zu lassen. Dann hopfte der Spuerhund aber auf den naechsten Sitz. Ufff - das haette mir noch gefehlt! Doch dann fiel mir ein: waehrend der Fahrt hatte ich meine Schuhe + Struempfe ausgezogen, um sie an der Heizung zu trocknen. Ich kann mich gut erinnern, mein Dackel Trixi hat sich auch sehr gerne an Schuhen und Struempfen zu schaffen gemacht. Aber dass das den Hund so anturnd, haette ich nicht gedacht!

Das Guesthaus, in dem ich hier in Prishtina untergekommen bin, heisst "Velania-Guesthouse". Doch keiner kennt das unter diesem Namen. Hier ist es bekannt als "beim Professor". Ein Professor besitzt und fuehrt es. So muss man dem Taxifahrer sagen: 'zum Professor". Und wenn Dich jemand fraegt, wo du denn in Prishtina bist, musst du antworten "beim Professor" und jeder hier weiss bescheid. Ich hatte sogar die Ehre, ihn persoenlich kennenzulernen. Ein netter aelterer Herr , etwas untersetzt und mit grauen wallendem Haar. So wie man sich eben einen Professor vorstellt. Und wie vornehm geht es da zu. Im Hausflur muss man seine Schuhe ausziehen und dann in so eklige Latschen steigen, die schon Generationen von Travellern vollgeschwitzt und hineingepilzt und -gekaest haben. Aber der Frank hat ja noch von seinem Desinfektionsspray dabei ;)


Schon immer hat mich der Begriff "Kosovo-Albaner" irritiert und habe nie verstanden, was das denn eigentlich bedeuten soll. Um das zu verstehen, habe ich festgestellt, muss man tief in die Geschichtskiste greifen. Es beginnt mit dem Balkankrieg 1912. Auf einer Konferenz der Grossmaechte 1913 wurden (allerdings umstrittene) Gebiete Albaniens an Serbien "verteilt". Eben ein Teil an Serbien, was heute der Kosovo ist und Teile, was heute zu Mazedonien gehoert. Sued-Kosovo ist also im weitesten Sinne gesehen eigentlich albanisch, gehoert aber zu Serbien. 2008 hat sich der Kosovo (oder das Kosovo) fuer unabhaengig und als autonomer Staat erklaert (ich finde, das koennte ein grosartiges Beispiel fuer Baden sein!), was Serbien natuerlich gar nicht gefaellt. Somit ist der Kosovo der juengste Staat auf Erden. Deshalb passt die UN auf das Land auf und stellt es unter EU-Verwaltung und die entsendet die EULEX (Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo), die eben auch den kosovanischen Zoll unterstuetzt. Deutschland hat beispielsweise den Staat Kosovo anerkannt.

noch immer Vermisste aus dem Kosovo-Krieg

Vor den Toren der Stadt liegt das Amselfeld (Achtung, nicht zu verwechsel mit dem Amselfelder, der schon manchem Kopfweh bereitet haben soll). Hier wurde 1389 eine Schlacht des christlichen Abendlandes gegen das Morgenland (Osmanen) ausgetragen. Die Schlacht ist von zahlreichen Legenden umgeben, da die Geschichtsschreibung keine naeheren Angaben dazu macht. Gewonnen hatte anscheinend letztendlich niemand. Es besteht sogar die Behauptung, dass die Schlacht gar nicht stattgefunden haben soll. Was hat uns der Kramer da nur erzaehlt?

Jeder kennt sie: Mutter Theresa. Habt Ihr gewusst, das sie Albanierin war? Deshalb wird auch hier verehrt und ich denke mal, fuer jeden von uns ist sie ein echtes Vorbild. Wenn, dann hat sie zurecht den Friedens-Nobelpreis (1979) verdient. Und sogar als einmaligen Vorgang in der katholischen Kirchengeschichte, wurde sie schon nach 6 Jahren nach ihrem Tod seelig gesprochen.
Doch ich habe bisher nicht gewusst, dass ihr wohltaetigen Taten auch sehr umstritten sind. Einer der Vorwuerfe lautet zum Beispiel, dass sie Sterbende ohne deren Wissen noch schnell mal katholisch taufte. (ja, haette sie mal evangelisch getauft, haette sie bestimmt keinen Aeger gehabt). Die Vorwurfe gehen sogar soweit, dass ihre wohltaetigen Handlungen gar nicht stattgefunden haben sollen.
Also ueberall diese Verschwoerungstheorien. Da lob ich mir doch die Bielefeld-Verschwoerungstheorie, die behauptet, dass es Bielefeld ueberhaupt nicht gibt!!!  http://www.bielefeldverschwoerung.de/
Nena Tereze

Wiedereinmal bin ich beim Busfahren dummerweise an der falschen Haltestelle ausgestiegen und landete dabei beim Hauptquartier der EU-Verwaltung. Denen geht es ja nicht schlecht dort, muss ich sagen. Das ganze Gelaende ist surrounded von Restaurants, Bars und Cafes. Mal im Schickimickie-Style, mal improvisiert mit Planen und Dachlatten. Wenn ich schon hier bin, dachte ich, mische ich mich doch mal unters Volk und gehe hier was Essen. Ich waehlte das "MAMA'S" aus. Hoert sich doch gut an, oder? Da gab es vielleicht leckere Sachen, kann ich Euch sagen. Seit Monaten hab ich mal wieder richtigen Risotto gegessen. Mit Curry-Chicken. Das war vielleicht prima.

Ich muss noch mal auf die Tuerkei zurueckkommen. Hier im Guesthaus habe ich ja ein eigenes Zimmer mit TV. So kann ich mal wieder schauen, was sich in der restlichen Welt so tut. Dazu schau ich mir CNN, BBC oder die Euronews an. Der Erdogan aus der Tuerkei scheint gerade auf Tour rund um sein Land zu sein und auch hier in den Kosovo zu kommen. Die gesamte Stadt ist mit Erdogan-Plakaten und Tuerkei-Fahnen geschmueckt. Er war wohl auch im Libanon, wo es anlaesslich seines Besuches heftige Tumulte gab. Angefuehrt von den vielen dort lebenden Armeniern, die wegen der Anexion von armenischen Gebieten und dem Genozid demonstrierten.
Ausserdem ist gleichzeitig noch alles mit den USA-Flaggen dekoriert. Hier feiert man den amerikanischen Thanxs-giving-Day (25.11.). Aus Dankbarkeit an das amerikanische Engagement fuer den Kosovo (die hier zum Dank auch ihre groesste Militaerbasis auf dem Balkan halten).


Also, ich haette nie gedacht, dass ich Euch aus diesem kleinen Land so viel erzaehlen kann.

2 Kommentare:

Anonymous Anonym meinte...

Hallo Frank,
Du kommst unserer verschneiten, eiskalten Heimat immer näher. Hast Du bald die Grenze zur EU überschritten? Das gab oder gibt sicher noch eine ganz genaue Kontrolle!
Liebe Grüße
Gudrun

30. November 2010 um 20:39  
Blogger Frank meinte...

Hi Gudrun,

bis zur EU-Grenze (Austria) geht es noch ein Stueck. Ich hoffe mal, dass ich als EU-Mensch nicht so geanu kontrolliert werde. Was ich da alles im Rucksack verstaut habe, ist sicher nicht ganz EU-konform. Aber keine Angst - natuerlich nix Illegales.

3. Dezember 2010 um 23:55  

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