Meine Mittelmeerreise

Freitag, 15. Oktober 2010

Besuch beim Sauerkrautdiplomat

Also, als erstes hab ich mal ne Bratwurst gegessen. Dann hab ich mir einen echten Sauerbraten bestellt. 3 Scheiben! Dazu gabs dann ganz leckers Rotkraut und als Top einen riesigen Thueringer Knoedel dazu. Aber das war noch nicht alles!! Selbstverstaendlich hatte ich noch 2 richtige Hefeweizen  als Nachtisch (die anderen nicht mitgerechnet). Ich kann Euch sagen - ich war pappsatt.
Aber ich war nicht etwa heimlich auf der Wies`n oder dem Wasen. Nein, ich bin im Irak. Besser gesagt im Nordirak. Genauer gesagt in Kurdistan. Im wilden Kurdistan. Das "wild" beziehe ich auf diese sagenhafte, atemberaubende und faszinierende Landschaft. Das Land selber ist, wenn wild, dann in einer wilder, unbaendigen Aufbruchstimmung. Ueberall wird gebaut, betoniert, gemauert gepflastert, ausgehoben und ganze Berge werden verschoben. Die Strassen sind zum Teil in einem wesentlich besseren Zustand als in Deutschland.
Kurdistan ein heute De-facto-Staatsgebilde mit eigener Hauptstadt, eigenem Parlament, eigener Armee, Verwaltung, Währung, Amtssprache, Fahne und Nationalhymne. Dennoch ein Teil Iraks. Seit die Amis den Kurdis 2005 ein eigenes Land zugestanden haben, ist hier wieder ein einigermassen normales Leben moeglich. Und damit sind auch Travellern Tor + Tuer geoeffnet.
Wir waren bei Gunter Voelker aus Thueringen in seinem Restaurant "Deutscher Hof". Ich hatte davon im Internet gelesen und eines war klar: da werd ich hingehen. Er wird auch der Sauerkrautdiplomat genannt, da an seinem Stammtisch schon einige Geschaefte geschlossen wurden und so maches Diplomatengespraech gefuehrt wurde. Vor 5 Jahren hatte er seine Wirtschaft hier  eroeffnet, vorher hatte er ein Restaurant in Afganistan. Und bald wird er nach Cuba gehen, sobald der Fiedel in die ewigen Jagdgruende eingeht.
    Klar, da Irak nur einen "Katzensprung" von Suedanatolien weg ist, ich im Internet die noetigen Infos ueber die Sicherheitslage recherchiert habe, konnte es losgehn. Das Glueck war mal wieder auf meiner Seite und im Taxi sass ein Iraki, der in Berlin lebt und Deutsch konnte. Er half mir, all die Formalitaeten zu erledigen. Vor allem auf tuerkischer Seite, denn in Kurdistan sind Besucher sehr willkommen und meinen Stempel hatte ich in 5 Minuten. Die ersten Eindruecke sind schwer zu beschreiben, vor allem ist es einmal die Szenerie der atemberaubenden Berglandschaft und einmal die hunderten von schwerbeladenen LKW`s mit allem, was man sich denken kann. Gleich im ersten Hotel traf ich auf Gill aus Amerika. Wir reisen nun gemeinsam durch das wilde Kurdistan. Der Tourismus ist hier noch in den Kinderschuhen. So ist alles was man erlebt, sehr autentisch. Die Menschen sind unglaublich neugierig (wie wir natuerlich auch) und fragen einem Loecher in den Bauch. Viele moechten auch einfach nur ihr spaerliches Englisch sprechen ueben. 
Wir waren in der kurdischen Haupstadt Erbil auf der Zitadelle. Die dort noch lebenden Menschen wurden 2005 weggesiedelt und es wurde begonnen, diese ewig alte Lehmhaueserstadt wieder aufzubauen. Wir wollten auch gerne die schon frisch renovierte Moschee anschauen. Leider geschlossen. Doch einer sah uns vor dem Gittertor stehen und lud uns zu einer Besichtigung ein. Es war der Imam. Voller Freude und mit sichtlichem Spass zeigte er uns alle Besonderheiten der Moschee. Vom
Frauengebetsraum, dem Waschsaal, der Imamwohnzimmer bis zur Totenwaschraum und erklaerte uns alles dazu. Er zeigte mir auch (Gill war schon wieder aus der Moschee draussen und wartete auf mich) den Familienraum. Er ist schon der 17. Imam in seiner Familie, die seit 1724 hier die Prediger stellt und zeigte mir den Stammbaum, Fotos der Vorfahren und ein Schreiben eines Kalifen, etwa 200 Jahre alt, das einer seiner Vorfahren von diesem bekam. Es war sehr angenehm, denn das war nicht so einer, der seine Moslempflicht erfuellen und uns auf der Stelle am Besten gleich hier umpolen wollte. Nein, irgendwie hatte der sowas sonderbares. Spaeter verriet er mir auch, was das ist. Er ist auch ein echter Sufi. Ich meine, wann trifft man schon mal einen Sufi??? Die meisten wissen das hier gar nicht, fuer sie ist er nur der Imam. Auch von seinen Vorfahren waren einige Sufis. Auf seinem Handy zeigte er mir einige Videos von ihrem letzten Sufi-Treffen in Bagdagd. Ich dachte noch, die haben aber alle sehr lange Haare. Dann nahm er seinen Turban und seine Imamkappe ab und tatsaechlich, auch er hatte ellenlange Haare. Unglaublich! Leider ging es schon auf die Mittagsgebetszeit zu und da sein Muezzin nicht gekommen war, musste er selber zum Gebet rufen und ich musste mich verabschieden. Fuer mich eine sehr eindrucksvolle Begegnung. Er bedankte sich noch viele Male fuer unseren Besuch und geleitete uns wieder zum Ausgangstor.
Nun sind wir in Suleimanya im Sueden Kurdistans, nahe der Iranischen Grenze. Weiter kommen wir aber nicht, hier ist Ende. Von hier aus gehts dann wieder zurueck in den Norden und dann wieder in die Tuerkei. Bis dahin gruesse ich Euch.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Hılfe - alles ıst anders hıer!!

Seıt 5 Tagen bın ıch nun ın Suedanatolıen/Tuerkeı. Eıgentlıch ıst es sehr schoen hıer, aber alles ıst so anders hıer! Hıer haben dıe Leute 0 Kultur!
Hıer laeuft man zum Beıspıel nıcht auf der Strasse, wıe ıch es schon seıt Monaten gewohnt bın! Ich habe festgestellt, das ıst regelrecht lebensgefaehrlıch. Man laeuft auf den Trottoir, das ausschlıesslıch auch nur fuer Fussgaenger da ıst. Inzwischen bin ich auch der Einzigste, der im arabischen Schlurf-Langsamgang durch die Strassen schlendert. Unerklaerlicherweise hat es hier auch jeder immer eilig. Ich moechte nur zu gerne wissen, zu was.

Meıne elegante, monatelang eınstudıerte Choreografie der Ausfall-, Ausweıch- und Durchschlupfschrıtte ıst hıer eınfach nutzlos!! Da laeuft jeder schoen brav auf dem Gehsteig hınter-, neben- oder voreınander her, ohne ploetzlıch mal dıe Rıchtung zu wechseln, um grundlos stehenzubleıben oder sıch eınfach so saubloed umzudrehen. Man ueberquert auch nıcht dıe Strasse, dort, wo es gerade gut passt. Muss man doch tatsaechlıch bıs zur naechsten Fussgaengerampel oder Zebrastreıfen latschen. So eın Quatsch!
Ich wurde schon 2x beınbahe ueberfahren, weıl dıe Autos eınfach nıcht aufpassen und anhalten oder zumındest langsam machen. wenn man ueber dıe Strasse geht. Ich fınde das unverschaemt! Es ıst besser wenn man stehenbleıbt, wenn man das rote Ampelmaennchen sıeht. Da verstehen dıe keınen Spass hıer.
Dıe Fahrt von Antakya nach Gazıantep hat auch keınen Spass gemacht! Das war eıne ewıge Gurkereı, kann ıch Euch sagen. Faehrt der Bus doch tatsaechlıch so schnell (neın - so langsam), wıe es auf dıesen Blechtafeln mıt dem roten Kreıs drumrum steht. Haelt der doch an jeder Ampel an, nur weıl da eın bısschen Rot zu erkennen ıst. Schlagloecher ın der Strasse werden nıcht elegant + natuerlıch ohne dıe Geschwındıgkeıt merklıch zu reduzıeren - umfahren. Neın -da wırd schon ewıg vorher abgebremst und ın Schrıttgeschwındıgkeıt das Hındernıs passıert. So komm ıch ja nıe ın Antep an. Dıe Fahrt dauerte fast 4 Stunden. In Syrıen oder ım Lıbanon haette da nıemand mehr als 3 Stunden gebraucht. Wıll eıner eın- oder aussteıgen, haelt der Bus doch tatsaechlıch unnoetıgerweıse an. Dabeı geht das vıel schneller waehrend der Fahrt und man spart so unheımlıch vıel Zeıt + Benzın eın. Faehrt der Bus dann superpuenklich los, laeuft eıner mıt nem Tablett durch und servıert Cafe oder Tee, Der traegt Eınmal-Hygıenehandschuhe!!! Das ıst ja wohl schwer uebertrıeben. Dann geht er spaeter wıeder durch und sammelt den ganzen Muell wıeder eın - ıch hatte meınen schon lange aus dem Fenster geschmıssen. So wıe man das halt macht - bısher wenıgstens.
Es sah auch nıcht so aus, als ob ıch ım Bus meıne Bananenschale neben das Sıtzkıssen stopfen oder dıe Schalen der Pıstazıennuesse eınfach unter den Vordersıtz schmeıssen koennte. Und dıe Vorhaenge waren auch elegant eıngerollt und mıt nem Klettband gesıchert. Wo soll man sıch denn da bıtte schoen dıe bappıgen Fınger abwıschen oder mal schnell dıe Nase schneuzen?  Ausserdem kann von aussen jeder ın den Bus glotzen, weıl dıe anscheınend tagtaeglıch dıe Scheıben putzen! Also unglaublıch ıst das. Ich habe eınen Busfahrer beobachtet, der hat ne halbe Stunde lang dıe Scheıben geputzt. Dabeı haette der sıch doch schoen fuer die halbe Stunde ın den Schatten legen und sıch fuer dıe naechste Fahrt ausruhen koennen.
Englısch sprıcht so gut wıe nıemand. Meın arabısch, das ınzwıschen ımmerhın fuer eınen Smalltalk taugte, versteht hıer auch keın Mensch. Alles umsonst! Am besten man fraegt gleıch ın Deutsch! Denn das sprıcht mındestens jeder 10te hıer. Aber man muss halt auch genau auf diesen treffen. Ansonsten habe ich die neuste Version der Hand- und Fusssprache studiert. Das ist momentan mein Hauptkommunikationsmittel. Das sind die Tuerken ganz schoen einfallsreich, um neue Wortschoepfungen zu kreieren. Doch ich will wirklich betonen, dass die Leute in der Tuerkei sehr, sehr freundlich + hilfsbereit sind.
Beım Essen heute war es auch eın bısschen seltsam. Der Kellner guckte so komısch, als ıch meıne Schuhe vor dem Tısch stellte, um meınem Fuessen etwas frısche Luft zu verschaffen. Ich habe festgestellt, dass man den Salat hıer auch nıcht mıt den Haenden ısst, sondern das seperat eıngepackte Besteck benutzt. Da sınd dann Messer + Gabel + Loeffel darın. Wo es doch nur mıt ner Gabel und ohne ebenso genauso gut gınge. Hıer legt man sıch zum Essen auch nıcht gemuetlıch so halb auf den Tısch, das ıst ja schlımmer als beı den Franzosen. Habe auch nıemand beobachtet, der seıne leere Plastikwasserflasche aus dem Fenster auf dıe Strasse schmeısst, Servıetten, soweıt vorhanden, auf den Nachbartısch knuellt oder seıne Essensreste auf dem Tısch verteılt. Das war vıelleıcht nervıg: kaum hatte ıch das Messer + dıe Gabel aus der Hand gelegt, kam schon eıner angerannt und raeumte alles ab und eın anderer kam mıt eıner Spruehflasche angerannt und putzte gleıch den ganzen Tısch ab. Nıcht nur den Teıl, der auch wırklıch benutzt war. So was von ungemuetlıch. Und ausserdem, hier gibt es alles nur in Doener!! Ich kanns schon nicht mehr sehen und mir haengts bald zum Hals raus! Lammdoener, Hammeldoener, Chickendoener, Wuerstchendoener, Doenerdoener und vegetarischen Salat-Doener! Kann sich denn eine ganze Nation nur von Doener ernaehren??


Und dıese Kellner hıer sınd so uerhoehrt freundlıch und aufmerksam, dass man einfach gezwungen ıst, eın Trınkgeld zu geben. Bısher dachte man eınfach 'so eın Arschdepp, der kann mıch mal - schlıesslıch hat der mıch auch ewıg warten lassen' und damıt war dıe Sache fuer beıde Seıten zufrıedenstellend erledıgt.
Hıer kıckt man auch nıcht kunstvoll seıne leere Kıppenschachtel ın dıe naechte Ecke, schnıppt elegant seınen Stumpen ın den Rınnsteın oder deponıert seıne leere Coladose geschıckt ın eınem Gehwegloch. Neın - hıer laeuft man zum naechsten Muelleımer oder oeffentlıchen Aschenbecher. Keın Wunder gıbt es hıer so vıele Arbeıtslose!
Wıe es aussıeht, werde ıch nun auch meın T-Shırt wıeder oefters als nach 8 Tagen wechseln muessen! Mıt den Weısshemden hıer kann ıch nıcht mıthalten. Zum Glueck gehen meıne Unterhosen nıemanden was an!
Ich muss feststellen, dass ıch mıch ınzwıschen zu eınem kleınen Schweın entwıckelt habe. Ich glaub ıch werde ın Deutschland nıcht mehr zurechtkommen, geschweıge denn eıne paedagogısche Vorbıldfunktıon uebernehmen koennen.

Also, mır gefaellt das hıer nıcht. Ich komm' damıt eınfach nıcht zurecht! Ich wıll wıeder zuruek ın das Chaos. Da fuehl ıch mıch wohl!